7 Forderungen an eine neue Landesregierung in Schleswig-Holstein

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Anfang April hat der Weltklimarat IPCC einen weiteren alarmierenden Bericht zum Weltklima veröffentlicht. UN-Generalsekretär António Guterres sagte, wir befänden uns „auf der Überholspur zur Klimakatastrophe“ (Die gesamte Rede hier und hier). Wir, eine Gruppe ehrenamtlicher Naturschützer, die auf lokaler Ebene in Schleswig-Holstein aktiv ist, weisen darauf hin, dass sich gleichzeitig eine zweite große Katastrophe auf der Erde abspielt, nämlich ein in seinem Ausmaß nie dagewesenes Artensterben. Dieses wird von der Öffentlichkeit nach unserem Eindruck weniger stark wahrgenommen. Wir sind aber davon überzeugt, dass das eine Problem nicht ohne das andere zu lösen ist. Um den besonderen Stellenwert der Biodiversität und Arten zu verdeutlichen, spricht der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht zu Recht von „unserer Lebensversicherung“(1). Das Problem der Kohlenstoffspeicherung auf der Erde ist kein rein technisches Problem. Aktuell konnte gezeigt werden, dass natürliche, artenreiche Wälder mehr Kohlenstoff speichern können als künstlich mit standortfremden Bäumen aufgeforstete Flächen (2).
Ziel des vorliegenden Textes ist es, Anregungen zu Verbesserungen zu geben, die auf Erfahrungen aus vielen Jahren im praktischen Naturschutz beruhen. Im Strategiepapier „Kurs Natur 2030“ des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND, 3) werden bereits zahlreiche Schwierigkeiten und Missstände klar formuliert und Verbesserungen angekündigt. Wir begrüßen dieses Programm ausdrücklich und möchten die kommende Landesregierung von Schleswig-Holstein darin bestärken, es umzusetzen. Zusätzlich greifen wir ein paar weitere Themen und Entwicklungen auf, die unserer Ansicht nach nicht die gebotene Aufmerksamkeit erhalten und den Naturschutz in unserer Heimat massiv behindern. Oft fallen Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinander.

1. Entwässerung von Mooren und Feuchtgebieten stoppen
In einem Land mit einer so langen Küstenlinie wie in Schleswig-Holstein verbinden die meisten den Klimawandel mit dem Ansteigen des Meeresspiegels. Doch der zu erwartende Temperaturanstieg und die veränderte Verteilung der Niederschläge werden auch große Veränderungen im Binnenland mit sich bringen.
In naher Zukunft wird erhöhter Niederschlag im Winter zunehmender Trockenheit im Sommer gegenüberstehen (4). Dies führt zu einem Aussterberisiko für Arten, die starke Schwankungen des Wasserspiegels und temporäre Trockenheit nicht vertragen (5). Weitere Folgen sind bekanntlich aber auch immer öfter lokaler Wassermangel in der Landwirtschaft und schwere Überflutungen von Ortschaften (6). Feuchtgebiete haben eine Schwammwirkung, also die Fähigkeit, Extreme abzupuffern. Um diese zu erhalten und auszubauen, müssen die Wasserstände und Entwässerung der betroffenen Gebiete genauer beobachtet werden. In vielen Fällen werden Entwässerungssysteme zurückgebaut werden müssen, um Feuchtgebiete in Zeiten der Erderwärmung zu stabilisieren. Ein höherer Wasserstand in Feuchtgebieten fördert die Grundwasserneubildung und sichert damit die Wasserversorgung der Bevölkerung.
Im Strategiepapier des MELUND (3) gibt es nur eine knappe Abhandlung zu den Mooren in Schleswig-Holstein. Wir plädieren dafür, dass Moore unter den Feuchtgebieten besonders im Fokus stehen sollten, sowohl durch ihren Reichtum an hoch spezialisierten Arten als auch wegen ihrer Eigenschaft als leistungsfähiger Kohlenstoffspeicher. Dies sollte besonders für Schleswig-Holstein eine besondere Verpflichtung sein, denn unsere Heimat gehörte ursprünglich zu den moorreichsten Gegenden in Deutschland. Vermutlich gab es zu Beginn des 19. Jh. rund 160.000 Hektar Moorfläche; heute sind davon nur noch etwa 12 % erhalten, das entspricht etwa 17.500 Hektar hochwertiger Moorflächen (7).
Die scheinbar unaufhaltsame Zerstörung der Moore wurde auch nicht mit dem Moorschutzprogramm für Schleswig-Holstein von 2012 gestoppt (8). Das Programm weist auf die vielfältigen zerstörenden Einflüsse hin, nennt Möglichkeiten die Situation der Moore zu verbessern und scheitert letztlich an der Schwierigkeit, Flächeneigentümer von Mooren und die Anrainer für den Schutz eben dieser Flächen zu gewinnen.
Das neue Strategiepapier will mit dem Netzwerk Bildung gegensteuern. Dem können wir vorbehaltlos zustimmen, müssen aber noch hinzufügen, dass diese Informationen besonders an jene gerichtet werden sollten, die immer noch nicht die Wichtigkeit des Schutzes von Mooren verinnerlicht haben. Deswegen erwarten wir zukünftig zum nachhaltigen Schutz unserer Moore, dass Bildungsarbeit sich gezielt an Flächeneigentümer und unmittelbar betroffene Anrainer wendet, denn die Erhöhung der Akzeptanz vor Ort ist eine Grundvoraussetzung für den Erhalt und die Renaturierung der noch bestehenden Moorflächen. Selbstverständlich müssen auch entsprechende finanzielle Anreize geschaffen werden.

2. Geschützte Offenlandstandorte wie Trockenrasen, Heiden und naturnahes Grasland werden nicht angemessen unterhalten, die Artenvielfalt ist bedroht
Grasland und Heiden müssen sich hinsichtlich Biodiversität und Kohlendioxidspeicherkapazität nicht hinter Wäldern verstecken. Sie beherbergen zahlreiche auf Offenland spezialisierte Arten. Weltweit gehört artenreiches Grasland zu den am meisten gefährdeten Biotoptypen (9). In Deutschland ist die Situation nicht anders. Die Rote Liste der Biotoptypen in Deutschland weist Offenlandbiotope als besonders gefährdet aus – mit weiter negativer Tendenz (10). Die Gründe dafür sind vielfältig: Nährstoffeintrag und Pestizide auf den Flächen sowie Bewaldung durch veränderte Landnutzung sind in Schleswig-Holstein die Hauptgründe für den Rückgang von hoch spezialisierten Arten der Offenlandlebensräume.
Auch in Naturschutzgebieten ist die Situation nach unseren Erfahrungen nicht positiv. Teilweise verschwinden die Flächen unter dichtem Strauch- und Baumaufwuchs, an anderen Orten erfolgt geradezu ein Kahlfraß durch zu zahlreiche Weidetiere, die bei der Pflegebeweidung unkontrolliert eingesetzt werden. Hier ist ein intensiveres Monitoring und ggf. aktives Gegensteuern notwendig.

3. Den dramatischen Rückgang von landwirtschaftlich genutztem Grünland stoppen – Mit der Landwirtschaft monotones „Agrar-Grünland“ zu artenreichem „Extensiv-Grünland“ entwickeln
Dauergrünland ist zum Erhalt der Artenvielfalt eine wichtige und immer seltener werdende Landschaftskomponente. In den letzten Jahren wurde aufgrund von ökonomischem Druck viel Dauergrünland in Ackerfläche umgewandelt. Die verbleibenden Flächen werden überwiegend intensiv genutzt (11). Durch Einsaat von Hochleistungsgräsern und Mehrfachmahd in kurzen Abständen findet man auf den Grünlandflächen im Wesentlichen nur noch die Zielpflanzenart vor. Andere Pflanzen kommen vor der Mahd nicht zum Blühen und sterben lokal aus. Es wird somit zum Artenrückgang aktiv beigetragen. Deshalb haben ehemalige „Allerweltsarten“, besonders Weidekräuter, Insekten und Vögel, tiefgreifende Populationsrückgänge erfahren.
Unsere Empfehlungen an die neue Landesregierung lauten:
• Förderung und Vermehrung von artenreichem Grünland mit regionalem Saatgut.
• Schaffung eines effektiven und umfangreichen Programms zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft (12). Wünschenswert wäre z.B. ein Grünlanderhaltungsprogramm, das die Landwirte mitnimmt und sie als Landschaftspfleger ausbildet und entlohnt (Landschaftspflegehöfe).
• Schonende, Artenreichtum fördernde Behandlung der Flächen, ohne Walzen während der Brutzeit und Verhindern von zu früher und zu häufiger Mahd.
• Gewünscht sind einschürige, gegebenenfalls auch zweischürige Mahd verbunden mit ungemähten Inseln an bekannten Neststandorten von Bodenbrütern (u.a. Kiebitz, Bekassine, Großer Brachvogel, Wachtelkönig) und Stehenlassen von einzelnen Streifen mit Hochstauden als Sitzwarten für Braunkehlchen und Lebensraum für viele Insektenarten.
• Begrenzung der Nährstoffbelastung von Grünland.
• Ein Beweidungsprogramm sollte nur eine extensive und temporäre Beweidung, angepasst an den jeweiligen Landschaftstyp, umfassen. Es sollten für den jeweiligen Biotoptyp nur geeignete Weidetierarten eingesetzt werden.
• Bei Pflegebeweidung: Verbot von Zufütterung der Weidetiere; bei Futtermangel Tiere aus der Fläche nehmen.
• Weitere Forschung zur Entwicklung von effektiven und transparenten Methoden zur Abschätzung der Beweidungsintensität, um strukturreiche Flächen zu schaffen und langfristig zu erhalten.
• Umbruchverbot von Grünland, besonders auf Niedermoorstandorten.

4. Straßen- und Wegränder, eine bisher kaum genutzte Chance für Biotopvernetzung in Schleswig-Holstein
Straßen- und Wegränder sind wichtige Biotopverbundsysteme in der unter starkem Nutzungsdruck stehenden Landschaft. Sie bieten eine hervorragende Ergänzung zum charakteristischen Knicksystem in Schleswig-Holstein. Den Schutz von Ökotonen, zu denen auch Straßenränder zählen, hat sich das MELUND zum Ziel gesetzt (3). Bisher erfolgt die Pflege nach unseren Beobachtungen nur selten im Sinne des Naturschutzes. Durch zu häufige und zu frühe Mulchmahd werden Pflanzen entfernt bevor sie aussamen können, Insektenlarven werden getötet, verlieren ihre Nahrungsgrundlage und sterben lokal aus. Entsprechend laufen die aktuell praktizierten Pflegemaßnahmen der Straßenverwaltungen dem Programm des MELUND zuwider.
Die Fauna und Flora von Wegrändern ist noch nicht besonders gut erforscht, doch kann es als gesichert gelten, dass zweimal Mähen pro Jahr und Abtransport des Schnittgutes den meisten anderen Methoden überlegen ist (13). Lokale, wissenschaftlich begleitete Projekte unter Einbeziehung lokaler Naturschutzorganisationen könnten wichtige zusätzliche Erkenntnisse zu lokalen Anpassungen des Mähregimes liefern.
Da die Pflege von Straßenrändern und Wegrainen einer Vielzahl verschiedener Behörden und Kommunen obliegt, ist diese Aufgabe äußerst anspruchsvoll und erfordert die Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Akteure. Die Zusammenarbeit muss dringend intensiviert werden. Überzeugungsarbeit durch Bildungsangebote sind lange überfällig und müssen zielgruppenorientiert entwickelt werden. Das MELUND könnte finanzielle Anreize liefern, bei der Pflege von Straßenbegleitgrün neue Wege zu gehen. Wertvoll wären ebenfalls Konzepte, wie der Grünschnitt wirtschaftlich genutzt werden kann.

5. EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vollumfänglich und zeitnah umsetzen
Die EG-Wasserrahmenrichtlinie wurde bereits im Jahr 2000 verabschiedet. Ziel war es, bis 2015 alle Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, aber bundesweit verfehlen weiterhin 91,8 % aller Oberflächengewässer diese Zielsetzung (14). Auch in Schleswig-Holstein ist dieses Defizit seit Jahren zu beklagen. Personalmangel auf allen Planungsebenen führen zu langjährigen Verfahren und erschweren eine zeitnahe Umsetzung der Ziele der WRRL. Viele gute Ansätze werden zudem von Interessenverbänden, besonders aus der Landwirtschaft, verhindert. Nach unserem Eindruck fehlt es besonders an politischem Durchsetzungswillen. Nachfolgend benennen wir daher Mängel, die in den nächsten Jahren dringend behoben werden sollten:
• Der Bau von weiteren modernen Kläranlagen kann die Nährstofffrachten in allen Gewässern drastisch verringern.
• Im ländlichen Bereich stoßen die Kapazitäten der vorhandenen Kläranlagen vielerorts an ihre Grenzen. Problemstoffe in den Sedimenten der Klärteiche verhindern nicht selten eine notwendige Entschlammung. Da kontaminierter Klärschlamm Sondermüll ist, kann er nicht einfach auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden. Es fehlen ausreichende Kapazitäten für das Verbrennen von Klärschlamm.
• Die Wassernot in Seen und Bächen durch Grundwasserabsenkungen ist inzwischen zum Problem geworden. Die Auswertung von Pegeldaten und Einrichtung zusätzlicher Messstationen sind dringend geboten. Wasserentnahmen für die Landwirtschaft dürfen nur genehmigt werden, wenn die Grundwasservorräte keinen Mangel für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung zur Folge haben.
• In Fließgewässern sollten Querbauwerke (Stauungen, Wehre) schnellst möglich zurückgebaut werden, damit die Durchgängigkeit für wandernde Fischarten allerorts gewährleistet ist.
• Angelverbände leisten an vielen Orten hervorragende Arbeit beim Gewässerschutz. Besatzmaßnahmen sollten nur noch mit einheimischen und für das Gewässer typischen Fischarten erfolgen. In den wenigen verbliebenen nährstoffarmen Gewässern sollten Fischbesatz und Angeln unterbleiben.
• Waldbesitzer sind oft die größten Anlieger und Beitragszahler bei den Wasser- und Bodenverbänden. Oft stellen sie wichtige Retentionsflächen unentgeltlich zur Verfügung. Statt Beitragszahler zu sein, müssten sie daher künftig entlastet werden und zu Beitragsempfängern werden.

6. Der vorratsreiche, natürlich zusammengesetzte Laubwald muss das Ziel der Naturschutzpolitik in Schleswig-Holstein sein
Der Wald war ursprünglich das wichtigste terrestrische Ökosystem auch in Schleswig-Holstein. Heute beträgt der Waldanteil nur noch 11% (3). Entsprechend sollten die wenigen verbliebenen Wälder hinsichtlich ihrer enthaltenen Baumarten naturnah gestaltet werden. Dafür ist vor allem ein größerer Anteil alter Bäume notwendig. Eine Aufforstung mit standortfremden wärme- und trockenresistenten Arten sollte unbedingt vermieden werden. Eine gerade erschienene weltweite Datenauswertung zeigt, dass natürliche Wälder den Holzmonokulturen sowohl hinsichtlich der Biodiversität als auch hinsichtlich der Kohlenstoffspeicherung überlegen sind (2).
Der öffentliche Wald sollte eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Die Ökologie und die Wohlfahrtswirkungen sollten hier absoluten Vorrang haben. Dieser Anspruch ist noch nicht überall erreicht; wir kennen zahlreiche negative Beispiele hinsichtlich Eingriffsstärke, Bodenverdichtung und Baumartenwahl. Hier besteht Verbesserungsbedarf. Mit Waldarbeiten sollten bei den Landesforsten ausschließlich eigenes Personal oder qualifizierte Firmen betraut werden, die hochwertige Arbeit leisten können.

7. Reform bei den Eingriffsregelungen
Bereits seit 1976 müssen für Baumaßnahmen (Bodenversiegelung) Kompensationsleistungen erbracht werden, die in erster Linie darin bestehen, andere Flächen aufzuwerten (15). Allerdings zeigt schon eine kurze Recherche im Internet zahllose Beispiele, dass Kompensationsleistungen für Flächenverbrauch ein extremes Konfliktpotential bergen und für den Naturschutz oft ein Misserfolg sind. Wir glauben, dass es zusätzlich eine Dunkelziffer gibt, denn die Verwaltung von Ausgleichsflächen ist vielerorts intransparent, ein flächendeckendes Kataster für Ausgleichsflächen existiert nicht. Die Schwierigkeiten und Konfliktfelder lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen:
• Die Ausgleichsleistung wird erst gar nicht erbracht.
• Die Ausgleichsmaßnahme wird naturschutzfachlich nicht sorgfältig geplant oder ausgeführt und häufig werden weder eine Kompensation für den Eingriff noch überhaupt eine Steigerung der Biodiversität im Gebiet erreicht.
• Werden Ausgleichsmaßnahmen nur widerwillig durchgeführt, so liegt es nicht nur an den Kosten und dem Zeitaufwand, sondern häufig mangelt es auch an Fachkenntnissen und Überzeugungsarbeit. Deshalb können in diesem Kontext entsprechende Bildungsangebote hilfreich sein.
• Es fehlt die Erfolgskontrolle und die Beobachtung der dauerhaften Entwicklung des Projektes.
• Nicht selten werden Maßnahmen ergriffen, die über das Ziel hinausgehen und unnötigerweise zu viel Geld kosten, um zum Beispiel eine seltene Tierart an einem Ort anzusiedeln, an dem sie nie vorkam. Wenn Folienteiche und große Steinhaufen angelegt werden, so erinnert uns dies oft eher an zoologische Gärten als an sinnvollen Naturschutz.
Als Schlussfolgerungen empfehlen wir der neuen Landesregierung:
• Prüfung, ob die Ausgleichsmaßnahme zum Charakter des Standortes passt.
• Einführung eines einheitlichen Ausgleichsflächenkatasters zwecks Dokumentation und Erfolgskontrolle.
• Erstellung einer Abschlussexpertise nach Umsetzung der Ausgleichsmaßnahme und ggf. Verpflichtung zur Nachbesserung.

Schlussbemerkungen
Wir legen unsere Forderungen und Empfehlungen an die neue Landesregierung hier vor, weil wir anerkennen, dass das Strategiepapier „Kurs Natur 2030“ (3) eine hervorragende Grundlage zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Schleswig-Holstein darstellt. Wir bitten die neue Landesregierung daher ausdrücklich dieses Papier bei den Koalitionsverhandlungen in ihrem Koalitionsvertrag zu unterstützen und die hier formulierten ergänzenden Forderungen ebenfalls zu berücksichtigen.
Die größte Schwierigkeit sehen wir darin, die gesteckten Ziele sowohl inhaltlich als auch im abgesteckten Zeitrahmen zu verwirklichen. Vorhandene Netzwerke im Ehren- und Hauptamt reichen allein nicht aus, ein starker politischer Wille ist eine notwendige Voraussetzung. Die „Leitstelle für Biodiversität in Schleswig-Holstein“ (3) muss als Koordinierungs- und Kontrollstelle mit ausreichend Personal, Fachkompetenz und Weisungsbefugnissen ausgestattet werden. Dazu gehört auch, dass alle Maßnahmen künftig transparent und überprüfbar dokumentiert werden. Ansonsten würde „Kurs Natur 2030“ nur bedrucktes Papier bleiben. Die neue Landesregierung hat die Chance, eine Wende zu einem erfolgreicheren Naturschutz zu vollziehen, indem sie die Umsetzung mit hoher Priorität und den entsprechenden Geldmitteln unterstützt. Der ehrenamtlich tätige Naturschutzverein Natur Plus e.V. Panten ist bereit, dieses ehrgeizige Projekt aktiv mitzugestalten!

Literatur
(1) Glaubrecht, M. (2022): Biodiversität und Arten als unsere Lebensversicherung. Vom Nutzen der biologischen Vielfalt. Sonderheft der Naturschutzinitiative e. V. – www.naturschutz-initiative.de
(2) Hua, F. et al. (2022): The biodiversity and ecosystem service contributions and trade-offs of forest restoration approaches. Science, DOI: 10.1126/science.abl4649.
(3) Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (2022): Kurs Natur 2030. Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Schleswig-Holstein.
(4) Umweltbundesamt, Hrsg. (2021): Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Teilbericht 1: Grundlagen.
(5) Umweltbundesamt, Hrsg. (2021): Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Teilbericht 2: Risiken und Anpassung im Cluster Land.
(6) Umweltbundesamt, Hrsg. (2021): Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Teilbericht 3: Risiken und Anpassung im Cluster Wasser.
(7) Schleswig-Holsteinischer Landtag, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/1490; 2011-05-12; Bericht der Landesregierung, Moorschutzprogramm für Schleswig-Holstein, Drucksache 16/2272
(8) Bretschneider, A. (2012): Moorschutzprogramm Schleswig-Holstein. In: TELMA – Berichte der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde, Band 42: 103 – 114, DOI: 10.23689/fidgeo-2966.
(9) Bardgett, R.D. et al. (2021): Combatting global grassland degradation. Nature Reviews Earth & Environment 2: 720-735.
(10) Finck, P. et al. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands. NaBiV Heft 156, Bundesamt für Naturschutz, 637 S.
(11) Schoof, N. et al. (2019): Grünlandschutz in Deutschland. Bundesamt für Naturschutz. BfN-Skripten 539, 257 S.
(12) Mupepele, A.-C. et al. (2021): Biodiversity in European agricultural landscapes: transformative societal changes needed. Trends in Ecology & Evolution, 36(12): 1067-70.
(13) Jakobsson, S. et al. (2018): How does roadside vegetation management affect the diversity of vascular plants and invertebrates? A systematic review. Environmental Evidence 7:17
(14) BMU (2021): Nationale Wasserstrategie. Entwurf des Bundesumweltministeriums.
(15) Breuer, W. (2017): Beobachtungen aus 40 Jahren Eingriffsregelung. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 37(2): 36-49

Für den Verein Natur Plus e.V. Panten unterzeichnen die Vorstandsmitglieder:

Dr. Peter Aldenhoff

Ortwin Bockholt

Janett Däkena

Klaus Däkena

Eckhard Kropla

Panten, im Mai 2022